Geschichte
Aufgrund der ersten urkundlichen Erwähnung von 1209 konnte Hellikon im Jahre 2009 das 800-jährige Jubiläum feiern. An der Eröffnung zu unserem Jubiläumfest vom 28. / 29. und 30. August 2009 wurde unsere neue Dorfchronik präsentiert. Sie kann auf der Gemeinde gekauft werden.
Dr. Linus Hüsser
Hellikon 1209-2009
Steinkratzer wahrscheinlich aus der Jungsteinzeit. Gefunden bei der Liegenschaft Ebene 260.
Ein im Eich oberhalb Hellikon gefundes Steinbeilchen aus der Jungsteinzeit, ausgestellt im Fricktaler Museum Rheinfelden.
Aufgefundene Steinwerkzeuge belegen die Anwesenheit von Menschen in Hellikon bereits zur Jungsteinzeit (ca. 5300 bis 2200 v. Chr.). Aus der nachfolgenden Bronze-, Eisen- und Römerzeit sind kaum Funde bekannt, dafür umso mehr aus dem Frühmittelalter, das uns zahlreiche Gräber, teilweise mit Beigaben, hinterlassen hat.
Frühmittelalterlich ist auch der Ortsname, ein typischer „–ikon-Name“ aus der Epoche des ersten alamannischen Landausbaus, der vom späten 6. bis ins 8. Jahrhundert dauerte. Damals gründete der Alamanne Hello eine Siedlung, die von den umliegenden Bewohnern Hellinghofen oder ähnlich genannt wurde, was soviel wie „bei den Höfen der Sippe des Hello“ bedeutete. Die ursprüngliche Ortsbezeichnung rundete sich im Laufe der Zeit zum heutigen Hellikon ab. Ein ins Jahr 1209 datierter Urkundentext nennt erstmals den Ortsnamen „Hellickonn“. Allerdings ist das Dokument lediglich als Abschrift im rund 300 Jahre später angelegten Kopialbuch der Johanniterkommende Rheinfelden überliefert.
Das Dorf gehörte zum frühen Besitz des im 7. Jahrhundert entstandenen und von den fränkischen Königen geförderten Klosters Säckingen. Dieses unterteilte seinen „Klosterstaat“ in sogenannte Dinghöfe. Wirtschaftliches und rechtliches Zentrum eines Dinghofes war der Kellerhof, der Sitz des Kellers. Der Stiftskeller verwaltete als Beamter vor Ort den klösterlichen Besitz, zog die Abgaben ein und übte niedergerichtliche Funktionen aus. Hellikon bildete im Mittelalter zusammen mit Oberzeiningen, Niederhofen, Zuzgen sowie Gütern in Wegenstetten den Dinghof Zuzgen. Noch erinnert der Flurname Chellermatt in Hellikon an den in Zuzgen ansässigen Säckinger Stiftskeller.
Das Kloster musste seine Rechte immer wieder gegen die Machtansprüche weltlicher Herrschaftsträger verteidigen, vor allem gegen die Habsburger. Diese besassen seit 1173 die Schirmherrschaft über das Kloster und übten in dessen Gebiet die hohe Gerichtsbarkeit aus. Hellikon lag im Spätmittelalter im Gebiet der Herrschaft Rheinfelden und war Teil der zu dieser Herrschaft gehörenden Landschaft Möhlinbach. Diese besass ein eigenes Recht, das 1594 mit Erlaubnis der österreichischen Landesherrschaft erneuert wurde. Die Landschaft hatte auch ein eigenes Gericht, das in Zeiningen tagte und in welches jedes Dorf mindestens einen Richter entsenden konnte.
In Hellikon geboten somit die Säckinger Äbtissin und die habsburgischen Landesherren gleichzeitig, was laufend zu Spannungen führte, zumal die Habsburger ihren Einfluss auf Kosten des Stiftes auszudehnen versuchten. So entstand auf dem Gebiet des säckingischen Dinghofes Zuzgen eine gleichnamige habsburgische Vogtei mit den Ortschaften Niederhofen, Zuzgen und Hellikon. 1614 stand der Vogtei Gallus Broglin aus Hellikon vor, der in jenem Jahr in seinem Wohnort im Namen des habsburgischen Erzherzogs Maximilian Gericht hielt. Broglin war von den Bürgern zum Vogt gewählt und von den österreichischen Beamten der Herrschaft Rheinfelden eingesetzt worden. Die Rechte des Kellers wurden folglich immer mehr beschnitten. 1782 verzichtete die letzte Säckinger Fürstäbtissin, Maria Anna von Hornstein, zugunsten des österreichischen Landesherrn offiziell und endgültig auf die Niedergerichtsbarkeit in Hellikon, Zuzgen und Niederhofen.
Hellikon besass wie Zuzgen seit Jahrhunderten einen eigenen Gemeindebann, der bereits 1316 erwähnt wird. Auch der 1772 entstandene Flurplan zeigt anschaulich die Ausdehnung der dörflichen Gemarkung noch zur österreichischen Zeit. Die damalige Bewirtschaftung des Landes im Rahmen der Dreizelgenordnung erforderte zahlreiche Absprachen unter den Dorfbewohnern, was zu einer gewissen Selbstverwaltung führte. Die Tatsache, dass die seit dem Mittelalter eng verbundenen Ortschaften Zuzgen und Hellikon eigene Gemarkungen und eine, wenn auch bescheidene Selbstverwaltung besassen, förderte nach dem Zusammenbruch der habsburgischen Herrschaft um 1800 die Entstehung zweier voneinander unabhängigen Gemeinden. Zur Zeit des Kantons Fricktals und in den ersten Wochen des 1803 neu entstandenen Kantons Aargau amtete der letzte Vogt der einstigen Vogtei Zuzgen, der Helliker Ignaz Herzog, weiterhin als Gemeindeoberhaupt seines Wohnorts, wenn auch nicht zur Freude aller Helliker.
Pfarreizugehörigkeit, Kulturkampf und sakrale Bauten
Bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts unterstand Hellikon zwei Pfarreien: Der rechts des Möhlinbachs gelegene Ortsteil wurde vom Wegenstetter, das sich auf der linken Talseite befindende Oberdorf vom Zuzger Pfarrer betreut. Unter dem reformfreudigen Kaiser Josef II. prüfte der Staat eine Neueinteilung der Pfarreien, sofern dadurch die Seelsorge verbessert werden konnte. Dies und möglicherweise ein jahrelanger Grenzstreit mit Zuzgen bewogen einige Oberdörfler 1786, den Anschluss ihres Dorfteils an die Pfarrei Wegenstetten zu verlangen. Mit der Einwilligung des Basler Bischofs nahm 1788 das Oberamt der Herrschaft Rheinfelden die Umpfarrung der rund 140 Gläubigen vor, trotz heftiger Proteste des Wegenstetter Seelsorgers Johann Zepf, der sich über die absehbare Mehrbelastung beklagte.
Der Kulturkampf ergriff Hellikon mit voller Wucht. Im Januar 1873 trafen sich liberal gesinnte Bürger im Schulhaus und sprachen sich für den Beitritt zum Christkatholizismus aus. Die Kirchenspaltung nahm ihren Lauf und entzweite die Einwohnerschaft. Da die Christkatholiken mit Erlaubnis des Kantons das Wegenstetter Gotteshaus benutzen durften, feierten die papsttreuen Katholiken ihre Gottesdienste zeitweise in der Sebastianskapelle im Helliker Oberdorf. 1882 kam es in Wegenstetten zur Errichtung einer römisch-katholischen Notkirche. 1898 genehmigte der Grosse Rat die Gründung der christkatholischen Kirchgemeinde Wegenstetten-Hellikon-Zuzgen. Diese erbaute 1903 in Hellikon ein Pfarrhaus und später die 1948 eingesegnete Christuskirche. Die Wegenstetter Pfarrkirche gelangte wieder in den alleinigen Besitz der römisch-katholischen Kirchgemeinde Wegenstetten-Hellikon.
In Hellikon stehen drei römisch-katholische Kapellen. Die kleinste, die Wendelinskapelle, stammt möglicherweise aus dem 17. Jahrhundert. Gemäss einer Sage soll das „Chäppeli“ von einer Familie Meier aufgrund eines im Angesicht einer Viehseuche abgegebenen Gelübtes erbaut worden sein. Der heilige Wendelin genoss früher als Bauern- und Viehpatron eine grosse Verehrung.
Im Oberdorf steht das „Chilchli“, die alte Sebastianskapelle. Sie wurde von Elisabeth Lindauer, Witwe des Fridolin Waldmeier von Hellikon, gestiftet und 1696 von ihren Söhnen und Töchtern errichtet. Den markanten hölzernen Anbau mit Empore erhielt die Kapelle erst später. Der Sebastianstag (20. Januar) gilt in Hellikon noch immer als Feiertag. Der Heilige ist auch Patron der 1976 geweihten Kapelle beim Friedhof. Sie steht für Beerdigungsfeiern allen drei Konfessionen zur Verfügung. Der Friedhof selbst wurde 1930 angelegt, vorher hatten die Verstorbenen aus Hellikon in Wegenstetten ihre letzte Ruhe gefunden.
Das Schulhausunglück von 1875
1875 ereignete sich im 1865 eingeweihten Schulhaus eine Katastrophe, durch die Hellikon in der ganzen Schweiz und darüber hinaus traurige Berühmtheit erlangte. Das Unglück geschah am Abend des 25. Dezembers unmittelbar vor Beginn einer vom Gemeinnützigen Frauenverein und der Lehrerschaft organisierten Christbaumfeier. Unter dem Gewicht der wartenden Kinder und Erwachsenen stürzte der oberste Boden des Treppenhauses in die Tiefe. Insgesamt forderte die Katastrophe 76 Menschenleben, 68 aus Hellikon und 8 aus Wegenstetten.Ein vom Rheinfelder Stadtpfarrer Karl Schröter gegründetes Hilfskomitee suchte die Not der Hinterbliebenen zu lindern. Eine Sammlung im In- und Ausland brachte 55‘000 Franken zusammen. Der Grund für den Einsturz des Treppenhausbodens war ein Konstruktionsfehler, verursacht durch Zimmerleute, die den Bauplan abgeändert und damit die Belastbarkeit des Bodens massiv reduziert hatten.
Heute erinnert beim Massengrab auf dem Wegenstetter Friedhof ein eindrückliches Denkmal mit den Namen der Opfer an die Katastrophe. Und beim Schulhausportal hängen seit 1925 zwei weisse Marmortafeln, die ebenfalls die Namen der Verunglückten tragen.